Die Tattoo-Künstlerin Karyna Pulcho (@rakani_tattoo) hat ihre Leidenschaft für das Zeichnen in eine Möglichkeit verwandelt, Menschen zu helfen, ihr Selbstvertrauen und ihre Lebensfreude zurückzugewinnen. Besonders bedeutsam sind für sie Cover-up-Projekte – sie verwandelt Narben und misslungene Tattoos in einen neuen Anfang. In ihrer Arbeit verbindet sie japanische Ästhetik, neo-traditionelle Elemente und Mikro-Realismus. Doch vor allem ist es ihr persönlicher Ansatz und der tiefe Respekt für jede individuelle Geschichte, der ihre Kunst auszeichnet. Für Karyna ist Tätowieren ein Dialog zwischen Seele und Körper, bei dem jeder Strich zählt.
Heute lebt und arbeitet sie in San Francisco und inspiriert Kund:innen und Kolleg:innen auf der ganzen Welt.
Bitte erzähle unseren Leser:innen etwas über dich. Wie hat deine Reise in die Welt der Tattoos begonnen?
— Ich komme ursprünglich aus der Ukraine und arbeite seit sieben Jahren als Tattoo-Künstlerin. Meine Leidenschaft für diese Kunstform begann während meines Studiums an der Architekturschule. Damals wurde mir klar, dass ich mich in der Tattoo-Branche weiterentwickeln möchte, und ich schrieb mich an der renommierten Schule Planeta Tattoo in Kiew ein. Ich hatte das Glück, von zehn talentierten Künstler:innen zu lernen, die mir jeweils eine neue Sichtweise auf das Tätowieren eröffneten.

Woher kommt deine Liebe zu dieser Kunstform?
— Ich zeichne, seit ich ein Kind bin. Schon mit 11 Jahren sahen meine Skizzen aus wie Tattoo-Designs. Ich war schon immer davon fasziniert, etwas Bedeutsames für andere zu schaffen – und genau das hat mich so sehr zum Tätowieren hingezogen.
Warum hast du dich auf Cover-ups von Narben und misslungenen Tattoos spezialisiert?
— Mit der Zeit wurde mir bewusst, dass Tattoos mehr können, als den Körper zu schmücken – sie können Menschen helfen, sich im Spiegel wieder gern zu sehen. Ich spüre eine tiefe Verbindung zur Idee, Menschen durch Kreativität zu unterstützen. Wenn ich Narben oder alte Tattoos überdecke, sehe ich, wie sich die Einstellung einer Person zu sich selbst verändert. Das ist für mich der größte Lohn.

In welchen Stilrichtungen arbeitest du am liebsten?
— Ich fühle mich von japanischem, neo-japanischem, neo-traditionellem Stil und Mikro-Realismus angezogen. Aber was mich wirklich inspiriert, sind persönliche Projekte für Menschen, die Narben oder alte Tattoos überdecken möchten. Es geht nicht nur um das Design – es geht um eine durchdachte, einfühlsame Arbeit, die die Geschichte jedes Einzelnen respektiert.
Wo arbeitest du derzeit?
— Seit 2023 lebe ich in den USA. Zuerst habe ich in Los Angeles gearbeitet, später bin ich nach San Francisco gezogen. Diese Stadt ist für mich zu einem Ort neuer Ideen und persönlichem Wachstum geworden.
Wie würdest du die Tattoo-Szene in den USA mit der in der Ukraine vergleichen?
— Ich habe das Gefühl, dass die Menschen hier offener für neue Ideen und kreative Projekte sind. In den USA erhalte ich mehr Anfragen für künstlerische Cover-ups und Arbeiten an schwierigen Hautstellen. Das gibt mir als Künstlerin die Möglichkeit, mich voll auszudrücken und einzigartige Ideen umzusetzen.
Gibt es ein Projekt, das dir besonders im Gedächtnis geblieben ist?
— Ehrlich gesagt, hinterlässt jedes Cover-up Spuren in meinem Herzen – besonders dann, wenn jemand mit einer schwierigen Geschichte zu mir kommt, etwa nach einer Operation oder einem Unfall. Wenn ich sehe, wie diese Person über ihr neues Tattoo lächelt, weiß ich, dass ich den richtigen Weg gewählt habe.
Nimmst du an Tattoo-Conventions teil?
— Ja, das ist ein wichtiger Teil meines beruflichen Lebens. Im Jahr 2025 hatte ich die Ehre, als Jurorin beim Villain Arts Tattoo Festival in Chicago tätig zu sein – eine großartige und verantwortungsvolle Erfahrung. Ich habe auch an der Tahoe Tattoo Show in Nevada teilgenommen, wo meine Arbeiten mehrere Auszeichnungen erhalten haben. Solche Events inspirieren mich und geben mir die Möglichkeit, von anderen Künstler:innen zu lernen.
Worauf bist du in deiner Arbeit besonders stolz?
— Wahrscheinlich darauf, dass ich Menschen durch Tätowierungen neue Emotionen schenken und ihnen helfen kann, sich stärker und selbstbewusster zu fühlen. Für mich ist ein Tattoo immer ein Ausdruck der Seele – nicht einfach nur ein Bild auf der Haut.

Welchen Rat würdest du jemandem geben, der mit dem Tätowieren beginnt?
— Unterschätze niemals den Wert einer fundierten Ausbildung. Ein guter Mentor hilft dir, Fehler zu vermeiden und deinen Weg zu finden. Danach geht es vor allem um Übung und stetige Weiterentwicklung.

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